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Modul: Boden - Informationen | |
Kapitel: Bodenentwicklung | |
Seitentitel: Verwitterung |
Verwitterung ist für die Bodenentstehung ein grundlegender Prozess. Allgemein versteht man darunter die an oder nahe der Erdoberfläche durch Wirkung exogener Kräfte, d.h. Sonnenstrahlung, Atmosphärilien, Frost und Organismen verursachte Zersetzung, Zerstörung und Umwandlung der Gesteine und Minerale. Häufig wird die Verwitterung auch als Gesteinsaufbereitung bezeichnet. Der Verwitterung unterliegen nicht nur die festen Ausgangsgesteine sondern auch die Lockergesteine. Die Verwitterungsprozesse schaffen die Voraussetzung für die Massenbewegungen, für alle Abtragungsvorgänge und damit für die Entstehung der Sedimentgesteine. Von besonderer Bedeutung für die Art der Verwitterung ist das Klima. Grundsätzlich sind drei Verwitterungsarten zu unterscheiden, die sich jeweils in weitere Einzelprozesse untergliedern lassen (s. Tabelle).
Verwitterungsarten Elemente, Verbindungen und Kolloide, die bei den Verwitterungsprozessen freigesetzt werden, können bei Neuordnung der Kristallbausteine neue Minerale (meist Tonminerale, Aluminium- und Eisenoxide) bilden. Diesen Aufbauprozess nennt man Mineralneubildung. Weitere Informationen:
BAUER, J. et al. (2002): Physische Geographie
kompakt. Heidelberg, Berlin: Spektrum.
Die physikalische Verwitterung verursacht eine mechanische Zertrümmerung der Gesteine entlang von Klüften, Spalten, Mikrorissen und Korngrenzen, wodurch das Gestein in immer kleinere Bruchstücke und Fragmente zerlegt wird. An der physikalischen Verwitterung, die ohne wesentliche chemische Veränderungen des Gesteins erfolgt, sind verschiedene Teilprozesse beteiligt. 1. Temperaturverwitterung: wird durch große tägliche Temperaturschwankungen ausgelöst. Bei starker Erwärmung am Tage dehnen sich die verschiedenen Minerale eines Gesteins in Abhängigkeit von ihren spezifischen Ausdehnungskoeffizienten und –richtungen sowie von der Strahlungsabsorption unterschiedlich stark aus. Während der nächtlichen Abkühlung ziehen sie sich wieder unterschiedlich stark zusammen. Die resultierenden Spannungen zwischen hellen und dunklen Mineralen, zwischen besonnten und beschatteten Gesteinsteilen, zwischen Gesteinsoberfläche und -innerem lockern das Gefüge und zermürben über die Zeit selbst harte Gesteine wie beispielsweise Granit. Die mechanische Verwitterung ist dann besonders wirksam, wenn zusätzlich Wasser beteiligt ist. 2. Frostsprengung: erfolgt durch Gefrieren von Wasser in Spalten und Klüften des Gesteins. Durch die beim Gefrieren erfolgende Volumenzunahme um 9 % entsteht in wassergefüllten Spalten und Rissen ein Druck von bis zu 2200 kp/cm². Dies übersteigt die Belastbarkeit der meisten Gesteine (ca. 250 kp/cm²) und zersprengt sie. Frostverwitterung tritt besonders in kalten Klimaten auf, und zwar um so intensiver, je häufiger sich Frost und frostfreie Phasen abwechseln (d.h. ein Null-Grad-Durchgang stattfindet). 3. Salzsprengung: beruht ebenfalls auf dem Prinzip der Volumenzunahme. Wenn salzhaltiges Wasser in Ritzen und Hohlräumen verdunstet und dabei die enthaltenen Salze auskristallisieren, führt der dadurch hervorgerufene Kristallisationsdruck (300 kp/cm²) zur Lockerung des Gesteinsgefüges. Ein häufiger Wechsel von Durchfeuchtung und Austrocknung erhöht die Wirksamkeit der Salzsprengung. 4. Druckentlastung: viele Gesteine
sind unter der Auflast überlagernder Schichten entstanden. Wenn diese
Gesteine durch Hebung und/oder Erosion der aufliegenden Deckschichten
an die Oberfläche gelangen, erfahren sie mechanisch eine Entlastung,
wodurch Spannungen entstehen, und Klüfte aufreißen. Chemische Verwitterung Die chemische Verwitterung beruht im Wesentlichen auf der lösenden Kraft des Wassers. Art und Intensität sind abhängig von den Gesteins- und Mineraleigenschaften, von der Wasserwegsamkeit der Gesteine sowie von der Menge, der Temperatur und der chemischen Zusammensetzung des durchströmenden Wassers. Besonders bedeutsam sind vor allem der Säuregrad und der Sauerstoffgehalt. Morphologisch wirksam sind insbesondere die Lösungsverwitterung und die Hydrolyse, weniger ausschlaggebend die Oxidation und die Hydratation.
Hierunter versteht man die Korrosion von Gesteinen die leicht lösliche Alkali- und Erdalkalisalze (z.B. Kochsalz (NaCl), Kalisalz (KCl), Chloride, Carbonate, Sulfate oder Gips (CaSO4)) enthalten. Durch die Einwirkung des Wassers werden diese Salze gelöst und ausgewaschen, was zum Zerfall des Gesteins führt. Die Intensität der Lösungsverwitterung ist einmal abhängig von der Menge, und Temperatur des verfügbaren Wassers. Darüber hinaus spielt die Qualität des einwirkenden Wassers eine Rolle, da reines Wasser in der Natur nur selten vorkommt, sondern im allgemeinen anorganische und organische Säuren enthält. Obwohl Kalk-(CaCO3)-haltige Gesteine in Wasser kaum löslich sind, werden sie im allgemeinen – sprachlich unscharf – zu den lösungsfähigen Gesteinen gezählt. Denn sobald Wasser mit Kohlenstoffdioxid (CO2) aus der Luft oder aus dem Boden (Atmungsprozesse der Bodenlebewesen) angereichert wird, bildet sich Kohlensäure (CO2 + H2O = HCO3). Durch diese schwache Säure kann das Kalkgestein in leichter lösliches Kalziumhydrogencarbonat umgewandelt werden und dann in Lösung gehen. Die „Kohlensäureverwitterung“ ist ebenso wie die reine Lösungsverwitterung ein umkehrbarer (reversibler) Prozess. Wenn sich beispielsweise die Temperatur oder der Druck der Lösung verändern, können die darin gelösten Bestandteile wieder ausgefällt werden. So verursacht die „Kohlensäureverwitterung“ z.B.die mannigfaltigen Erscheinungsformen des Karstes.
Sie findet statt, wenn Wasser in die Mineralstruktur eines Gesteins eingebaut wird. Dies geschieht wie folgt: Kationen der Minerale ziehen in verdünnten wässrigen Lösungen H2O-Dipole an und umgeben sich so mit einer Wasserhülle. Auch die randständigen Kationen eines Kristallgitters hydratisieren, wodurch die Bindungskräfte im Kristallgitter gemindert und Kationen herausgelöst werden. Letztlich führt die Aufnahme von Kristallwasser zur Aufquellung des betreffenden Gesteins und/oder zur Sprengung des Nachbargesteins.
Sie ist die bedeutsamste chemische Verwitterungsart. Die Intensität dieser hydrolytischen Verwitterung, früher auch Silikatverwitterung genannt, erfordert die Anwesenheit von Wasser und nimmt mit steigender Temperatur zu. Dabei werden die als Dipole wirkenden Wassermoleküle von den Grenzflächenkationen der Silikate angezogen. Die H+-Ionen des Wassers treten hierbei mit den ein- und zweiwertigen Kationen (Na+, K+, Mg2+, Ca2+, Fe2+, Mn2+) der Silikate in Austausch. Die dadurch aufgelockerten Teile der Kristallgitter sind nicht mehr stabil und unterliegen einem weiteren hydrolytischen Zerfall. Durch diese Prozesse zerfällt beispielsweise Kalifeldspat zunächst in hydrolysierten Feldspat und dieser weiter in Kieselsäure und Aluminiumhydroxid oder aber in Kieselsäure und amorphe Vorstufen von Tonmineralen. Der Zerfall des Kristallgitters geht stets mit einer größeren Wasseranlagerung an die Zerfallsprodukte einher. Der Vorgang der Hydrolyse wird durch im Bodenwasser gelöste Säuren, wie Kohlensäure und vor allem organische Säuren, zusätzlich aktiviert und kompliziert.
Hierunter versteht man die Einwirkung des im Wasser
enthaltenen Luftsauerstoffs auf oberflächennahe Bodenschichten, wodurch
beispielsweise Verbindungen des zweiwertigen Eisens (Fe2+)
in solche des dreiwertigen (Fe3+) umgewandelt werden. Dieser
Vorgang ist verantwortlich für die Farbänderung der Gesteine
in rote und gelblich-braune Farbtöne. Biologische Verwitterung Die biologische Verwitterung umfasst sowohl physikalische als auch chemische Prozesse:
Sie erfolgen z.B, wenn Pflanzenwurzeln in Gesteinsklüfte vordringen und diese durch ihr Dickenwachstum erweitern (Wurzelsprengung).
Sie treten z.B. ein, wenn sich bei der Zersetzung von Organismen Huminsäuren, Kohlensäure und Schwefelsäure bilden. Darüber hinaus vermögen niedere Pflanzen wie beispielsweise Flechten, den Silikaten unmittelbar Ionen zu entziehen. Höhere Pflanzen fördern durch die H+-Ionenabgabe bei der Nährsalzaufnahme durch die Wurzeln (Austauschreaktion) die Bodenversauerung und damit den chemischen Angriff auf die Primärsilikate. |
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