Fast alle Bodenpartikel der mineralischen und
organischen Bodensubstanz sind an ihren Ober-
bzw. Grenzflächen elektrisch geladen. Besonders aktiv
sind feine Bodenpartikel (Ø < 2 µm), die eine
hohe spezifische Oberfläche besitzen und auch als
Bodenkolloide bezeichnet
werden. Dazu zählen insbesondere
Tonminerale und Huminstoffe,
aber auch Oxide und Hydroxide
im Boden. Bei Tonmineralen und Huminstoffen, die als wesentliche
Ladungsträger
und Ionenaustauscher gelten, überwiegen
die negativen Ladungen.
Aufgrund der elektrischen Ladungsverhältnisse
können
die Bodenpartikel an ihren Ober- und Grenzflächen Ionen (=
elektrisch geladene Teilchen), z.T. auch Atome und Moleküle,
aus der Bodenlösung anlagern (= Adsorption )
oder an die Bodenlösung abgeben (= Desorption).
Die an den Bodenpartikeln sorbierten Ionen können durch
Ionen aus der Bodenlösung verdrängt und ausgetauscht
werden. Entsprechend werden Bodenpartikel, die Ionen adsorbieren
und austauschen können, als Austauscher bezeichnet.
Der Ionenaustausch vollzieht
sich nur zwischen fester und flüssiger Phase, d.h. als
Interaktionsprozess zwischen
Bodenmatrix (=Festsubstanz)
und Bodenlösung. Austauschbar
sind alle Ionen, die an den Austauschern sorbiert oder in
der Bodenlösung vorhanden sind. Ionen, die im Kristallgitter
von Mineralen oder in organischen Substanzen fest gebunden
sind, sind nicht austauschbar. Sie können aber z.B.
durch Verwitterungs-
oder Zersetzungsprozesse
mobilisiert werden, ebenso wie die austauschbaren Ionen u.a.
durch Mineralneubildungen oder Humifizierungsprozesse
immobilisiert werden können. Entsprechend
sind die Fraktionen austauschbarer und nicht austauschbarer
Ionen permanenten Veränderungen unterworfen (s. Abb.
Nährstoffhaushalt des Bodens).
Je nach Ladungsverhältnissen werden die Bodenpartikel
bei negativer Ladung als Kationen-Austauscher bzw. bei positiver
Ladung als Anionen-Austauscher bezeichnet. In der Regel dominieren
im Boden die Kationen-Austauscher, weil die meisten Bodenpartikel
vorwiegend negativ geladen sind und dementsprechend überwiegend
positiv geladene Ionen (= Kationen ) adsorbieren können.
Die Ionenaustausch-Reaktionen sind
reversibel und erfolgen in äquivalenten Mengen, d.h.
die an den Austauschern sorbierten Ionen können nur
durch ladungsgleiche Ionen äquivalenter
Wertigkeit aus der Bodenlösung freigesetzt und ausgetauscht
werden (s. Abb.).
Ionenaustauschreaktionen
Diese Ionenaustausch-Fähigkeit des
Bodens wirkt sich nachhaltig auf andere Bodeneigenschaften
wie z.B. auf den Nährstoffhaushalt
des Bodens,
die Bodenreaktion, das Bodengefüge
und verschiedene Prozesse der Bodenentwicklung.
Wie stark dieser Einfluss ist, hängt u.a. von der
Austauschkapazität
des Bodens ab (s. Kasten
1).
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Kasten
1 |
Austauschkapazität |
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Als
Austauschkapazität (AK)
wird die Summe der austauschbaren Ionen im Boden bezeichnet.
Sie wird in Milliäquivalenten je 100 g Substanz
oder in Ladungsäquivalten als mol/ kg angegeben.
Die AK ist abhängig vom pH-Wert der Bodenlösung
und schwankt mit der Bodenreaktion.
Dementsprechend wird zwischen
maximaler bzw. potentieller AK und effektiver bzw.
aktueller AK differenziert. Letztere schwankt abhängig
vom jeweiligen pH-Wert. |
Die Funktion des Bodens als Ionenaustauscher ist
eine wesentliche Voraussetzung für die Versorgung der
Pflanzen mit Nährstoffen.
Diese erfolgt auf der Grundlage von Ionenaustausch-Prozessen
zwischen Bodenpartikeln, Bodenlösung und Pflanzenwurzeln.
Letztere scheiden im Wesentlichen H+- und HCO3--Ionen
aus, die bei der Zellatmung (CO2 + H2O H2CO3 H+
+ HCO3-) entstehen, geben sie an die
Bodenlösung
ab und nehmen im Austausch dafür äquivalente Mengen
von Anionen (z.B. NO3-) oder Kationen
(z.B. Ca2+, Mg2+,
K+ oder Na+) aus der Bodenlösung
auf. Diese wiederum interagiert mit den Austauschern (s.
Abb.).
Ionenaustausch zwischen Pflanze
und Boden
Durch Adsorption der als Nährstoffe fungierenden Ionen
an den Austauscher bleiben diese für die Pflanzen leicht
verfügbar, wobei gleichzeitig die Auswaschung dieser
Ionen mit dem Sickerwasser aus dem Wurzelraum verhindert
wird. Von der insgesamt durch Ionenaustausch für die
Pflanzen verfügbaren Menge an (Nähr-) Ionen ist
in der Regel immer nur ein geringer Anteil in der Bodenlösung
vorhanden. Der Hauptanteil ist an den Austauschern sorbiert
und kann durch Ionenabgabe der Pflanzenwurzeln über
die Bodenlösung eingetauscht werden.
Da viele Ionen, die als Pflanzennährstoffe
fungieren, kationisch und die Bodenkolloide überwiegend
negativ geladen sind, spielt der Kationen-Austausch im
Boden eine herausragende Rolle (s. Kasten
2),
während der
Anionen-Austausch (s. Kasten
3) eher von untergeordneter
Bedeutung ist.
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Kasten 2 |
Kationen-Austausch |
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Zu
den wichtigsten austauschbaren Kationen im Boden zählen:
Ca2+ , Mg2+ , K+ , Na+ sowie
Al3+ und H+. Während
Al- und H-Ionen die Bodenversauerung (= Bodenacidität ;
s. Bodenreaktion) fördern,
wirken die Ca-, Mg-, K- und Na-Ionen als basische Gegenspieler.
Je stärker sie im Ionenbelag der Austauscher vertreten
sind, umso höher ist die Basensättigung der
Austauscher und desto besser ist die Pufferung,
d.h. die Fähigkeit des Bodens, H+-Ionen zu binden
und damit der Bodenversauerung entgegenzuwirken.
Die Summe aller austauschbaren
Kationen im Boden wird als Kationen-Austauschkapazität (KAK)
bezeichnet. Analog zur allgemeinen Austauschkapazität
(s. Kasten 1) wird auch hier zwischen maximaler (potentieller)
und effektiver (aktueller) KAK differenziert.
Höhe der KAK, Zusammensetzung der Ionenbelages
an den Austauschern und Basensättigung hängen
vom Gehalt der Böden an mineralischen und organischen
Austauschern, vom pH-Wert und von der Bodenentwicklung
ab. Je höher der Anteil organischer Austauscher
im Boden, desto höher ist in der Regel die KAK.
Allgemein sind die Kationen
an den Austauschern im Boden unterschiedlich verteilt.
So werden Ca- und Mg-Ionen z.B. stärker von
organischen Austauschern adsorbiert. Darüber
hinaus werden höherwertige Kationen
stärker adsorbiert als geringwertige. Entsprechend
nehmen Eintauschstärke und Haftfestigkeit der
wichtigsten austauschbaren Kationen in folgender Reigenfolge
ab:
Al3+ > Ca2+ > Mg2+ > K+ = H+ > Na+.
Analog zu dieser unterschiedlich
starken Haftfestigkeit sind in humiden Klimagebieten
(Niederschlagsrate > Verdunstungsrate)
mit abwärts gerichteter Wasserbewegung Ca- und
Mg-Ionen aufgrund ihrer höheren Haftfestigkeit
zahlreicher an den Austauschern vertreten als K- und
Na-Ionen, die mit dem Sickerwasser leichter ausgewaschen
werden können.
Grundsätzlich dominieren in schwach
sauren bis alkalischen Böden Ca-, Mg-, K- und Na-Ionen
im Kationenbelag der Austauscher, während in sauren
Mineralböden Al- und H-Ionen überwiegen. |
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Kasten 3 |
Anionen-Austausch |
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In
Böden mit einem hohen Anteil an Tonmineralen
und Huminstoffen spielt der Anionen-Austausch aufgrund
der überwiegend negativen Ladungen der Austauscher
keine wesentliche Rolle. Hier dominiert der Kationen-Austausch
.
Im Gegensatz dazu können in oxidreichen Böden
mit variablen Ladungen bei steigender Bodenacidität
(pH-Wert < 7; s. Bodenreaktion (?)) zunehmend Anionen
an den Austauschern gebunden werden. Die Bindung dieser
Anionen (z.B. Cl - , NO 3 - , SO 4 2- und PO 4 3- )
ist überwiegend elektrostatischer Natur und die
Ionen sind leicht austauschbar. Sobald der pH-Wert
der Bodenlösung steigt, geht die positive Ladung
der Austauscher verloren und die Anionen werden desorbiert.
Insbesondere einwertige Anionen wie Nitrat (NO 3 -
)-Ionen, die für die Stickstoffversorgung der
Pflanzen wichtig sind, werden dann leicht aus dem Oberboden
verlagert und aus dem Boden ausgewaschen. |
Weitere Informationen:
- Nährstoffhaushalt des Bodens
- Bodenreaktion
- Redox-System und Redox-Potential
Literatur:
GISI, U./
SCHENKER, R./ SCHULIN, R./ STADELMANN, F.X./ STICHER, H.
(1997): Bodenökologie
- 2. Auflage - Stuttgart; New York: Thieme.
Scheffer, F./
Schachtschabel, P. (2002): Lehrbuch der Bodenkunde - 15.
Auflage -. Heidelberg; Berlin: Spektrum Akademischer Verlag.
Schroeder, D. (1992):
Bodenkunde in Stichworten - 5. Auflage - Berlin; Stuttgart:
Borntraeger.
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