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Modul: Boden - Informationen
Kapitel: Bodenflora
Seitentitel: Bakterien

Bakterien sind einzellige Organismen ohne echten Zellkern (Prokaryoten). Sie können kugelförmig (Kokken), stäbchen- oder schraubenförmig (Spirillen) sein und sind durchschnittlich 0,1-20 µm groß. Sie besiedeln den Boden mit großer Artenvielfalt und hoher Individuendichte.

Bakterien können sich innerhalb weniger Stunden vermehren und bilden häufig große Zellketten und -kolonien. So können in einem Gramm Gartenboden über 100 Millionen Bakterien leben. Vorzugsweise leben Bakterien im dünnen Wasserfilm, der die Bodenpartikel umgibt, an Wurzeloberflächen und im Wurzelraum, der Rhizosphäre. Sie können sich aktiv durch Geißeln oder passiv mit dem Bodenwasser bewegen und reagieren empfindlich auf Austrocknung. Bakterien haben vielfältige Anpassungen entwickelt und bevorzugen ein schwach saures bis schwach alkalisches Milieu.

Bodenbakterien sind vielfältig aktiv. Die meisten Arten sind heterotroph und ernähren sich von abgestorbener organischer Substanz und Ausscheidungen der Organismen (z.B. Kot). Sie bevorzugen leicht abbaubare Kohlenstoff- und Stickstoff-Verbindungen (z.B. Zucker, Stärke, Zellulose, Proteine, Peptide, Aminosäuren) und zersetzen das Substrat durch Ausscheidung von Enzymen. Aufgrund ihres großen Enzym-Spektrums sind sie maßgeblich an der Zersetzung beteiligt und die wichtigsten Zersetzer (= Reduzenten bzw. Destruenten). Es gibt keine natürlich vorkommenden organischen Verbindungen und nur wenige künstliche Substrate, die sie nicht zersetzen können.

Endprodukte des bakteriellen Abbaus und Voraussetzung für pflanzliches Leben sind: Kohlenstoffdioxid , Wasser und Mineralsalze. Die Zersetzungsprozesse laufen in der Regel im sauerstoffhaltigen Milieu ab, d.h. unter aeroben Bedingungen. Es gibt aber auch anaerobe Bakterienarten, die unter Sauerstoffabschluss zersetzen. In diesem Fall handelt es sich in der Regel um Gärungs- und Fäulnisprozesse.

Bakterien lassen sich nach unterschiedlichen Kriterien differenzieren, z.B. hinsichtlich der Energieversorgung, Ernährungsweise, Stoffwechseltypen oder Milieubedingungen.

Im Hinblick auf die Ernährungsweise lassen sich zwei Gruppen unterscheiden:

1. autotrophe Bakterien: Sie können ohne organische Fremdsubstanzen leben und beziehen ihre Energie aus dem Sonnenlicht (= photoautotroph), z.B. die chlorophyllhaltigen Blaugrünen Bakterien (Cyanobakterien; früher: Blaualgen), oder anorganischen Verbindungen (= chemoautotroph), z.B. nitrifizierende Bakterien ( s.u.). Als Kohlenstoffquelle nutzen beide Gruppen in der Regel Kohlenstoffdioxid (CO2).
2. heterotrophe Bakterien: Sie ernähren sich von organischer Substanz. Viele dieser
Arten können auch ohne Sauerstoff existieren (= anaerobe
Bakterien).

Für den Boden relevante Bakterien lassen sich vereinfacht auch hinsichtlich ihrer Funktion und Energiegewinnungsweise einteilen, z.B.:

Kohlenhydratabbauende Bakterien: sie bauen kohlenhydrathaltige Substanzen (z. B. Cellulose, Hemizellulose, Zucker, Stärke) ab - aerob: z.B. Cellulomonas, anaerob: z.B. Clostridium.
Proteinzersetzende und ammonifizierende Bakterien: sie bauen Proteine zu Aminosäuren, Ammoniak (NH3) und Ammonium (NH4) ab; aerobe und anaerobe Bakterienarten, z.B. Bacillus mycoides.
Nitrifikanten: sie oxidieren Ammonium (NH4) zu Nitrit (NO2) bzw. Nitrat (NO3), z.B. die Arten Nitrosomonas und Nitrobacter. Der Prozess wird als Nitrifikation bezeichnet
(NH4+ —>NO2- —>NO3- ).
Denitrifikanten: sie reduzieren Stickstoffoxide im anaeroben Milieu bis hin zu elementarem Stickstoff (N2), z.b. die Arten Pseudomonas und Achromobacter. Der Prozess wird als Denitrifikation bezeichnet (NO3-—> NO2- —> N2O —> N2).
Stickstoffbindende Bakterien: sie fixieren elementaren Luftstickstoff (N2) und wandeln ihn in organische N-Verbindungen um, z.B. die Arten Azotobacter, Amylobacter, Clostridium, Rhizobium, z.T. in Symbiose mit Pflanzenwurzeln.
Sulfurikanten (Schwefelbakterien): sie bauen Schwefelwasserstoff (H2S) zu Schwefel (S) und Sulfaten (SO4) ab, z.B. die Art Thiobacillus.
Desulfurikanten (Schwefelbakterien): sie reduzieren unter anaeroben Bedingungen Sulfat (SO4) zu Schwefelwasserstoff (H2S), z.B. die Art Desulfovibrio.

Systematisch lassen sich die Bodenbakterien in vier Gruppen unterteilen
(nach GISI et al. 1997, S. 52 ff.):

Schleimbakterien (Myxobakterien): meist stäbchenförmige, heterotrophe Organismen, die sich primär von anderen Bakterien ernähren.
Blaugrüne Bakterien (Cyanobakterien): autotrophe Bakterien, die Photosynthese betreiben und Sauerstoff produzieren. Sie leben frei oder in Symbiose mit Pilzen (s. Flechten) und grünen Pflanzen und sind z.T. fähig zur Fixierung von atmosphärischem Stickstoff, z.B. die Art Anabaena.
Eubakterien: verschiedenartige Familien. Die meisten Arten leben (chemo-) heterotroph, d.h. sie zersetzen organische Verbindungen durch Veratmung (aerob) und Vergärung (anaerob) und beziehen daraus Energie und Kohlenstoff. Einige Spezialisten sind chemoautotroph, d.h. sie beziehen aus der Oxidation anorganischer Verbindungen Energie. Wichtige Familien sind: die aeroben Pseudomonadaceae, die frei lebenden, stickstofffixierenden Azotobacteriaceae und die symbiontisch lebenden, stickstofffixierenden Rhizobiaceae (z.B. das Bakterium Rhizobium, das in Symbiose mit den Wurzeln von Schmetterlingsblütern lebt und Wurzelknöllchenbildung induziert; s. Interaktionen).

Strahlenpilze (Actinomyceten): einzellige Organismen, die ein mycelartig verzeigtes, fadenförmiges Geflecht bilden und eine Übergangsform zwischen Bakterien und Pilzen darstellen, häufig auch den Bakterien direkt zugeordnet werden (z.B. von GISI et al. 1997 und BRAUNS 1968; s. Strahlenpilze ).

Weitere Informationen:

Literatur

BLUME, H.-P. (Hrsg.) (1992): Handbuch des Bodenschutzes. Landsberg/ Lech: ecomed.
BRAUNS, A. (1968): Praktische Bodenbiologie. Stuttgart: G. Fischer.
GISI, U./ SCHENKER, R./ SCHULIN, R./ STADELMANN, F.X./ STICHER, H. (1997): Bodenökologie - 2. Auflage - Stuttgart; New York: Thieme.
HINTERMAIER-ERHARD, G./ ZECH, W. (1997): Wörterbuch der Bodenkunde. Stuttgart: Enke.
SCHLEGEL, G./ ZABOROSCH, C. (1992): Allgemeine Mikrobiologie - 7. Auflage - Stuttgart: Thieme.
SCHROEDER, D. (1992): Bodenkunde in Stichworten. Berlin; Stuttgart: Borntraeger.
WILD, A. (1995): Umweltorientierte Bodenkunde. Heidelberg; Berlin; Oxford: Spektrum.