PROJEKT HYPERSOIL | Pfad: https://hypersoil.uni-muenster.de/1/02/03.htm |
Modul: Boden - Werkstatt | |
Kapitel: Regenwurm-Werkstatt | |
Seitentitel: Namensgebung |
Regenwürmer sind feuchtigkeitsliebende Bodentiere und reagieren äußerst empfindlich auf Lichtreize. Da sie die überwiegende Zeit mehr oder weniger tief in der Erde leben, ist ihre Bezeichnung als „Regen“-Würmer im deutschsprachigen Raum leicht irreführend. Treffender würden diese besonderen Lebewesen als „Erdwürmer“ bezeichnet, wie es z.B. bei den Engländern (earthworm), Franzosen (Ver de Terre), Belgiern (Terrik) oder Argentiniern (Lombriz de Tierra) üblich ist. Einige Autoren führen die deutsche Namensgebung darauf zurück, dass der Regenwurm im 17. Jahrhundert im Volksmund bezogen auf seine Aktivität noch als „reger Wurm“ bezeichnet wurde (BUCH 1986, 31). Daraus soll sich im Laufe der Zeit der Begriff „Regenwurm“ entwickelt haben, „... wohl auch deswegen, weil Regenwürmer nach starkem Regen oft massenhaft aus dem Boden kommen“ (RUBZ 2001, S. 13). Für die häufig gemachte Beobachtung, dass Regenwürmer nach Regenfällen häufiger an der Erdoberfläche zu finden sind, gibt es verschiedene Theorien: ● Die Regenwürmer verlassen bei Regen ihre Wurmröhren im Boden, um vor dem Erstickungstod zu flüchten, der durch die Überschwemmung ihrer Gänge verursacht wird (vgl. u.a. MÜLLER 1965, S. 149; BRAUNS 1968, S. 312; BUCH 1986, S. 22; GRAFF 1983, S. 47 und 2003, S. 1; RUBZ 2001, S. 13). - Da Regenwürmer über die Haut atmen und dabei den Sauerstoff in gelöster Form aus dem Feuchtigkeitsfilm an ihrer Körperoberfläche aufnehmen (s. Atmung), ist diese Theorie wenig überzeugend. Außerdem sind Regenwürmer in der Lage, längere Zeit ohne Sauerstoff auszukommen und können z.T. sogar tage- bzw. wochenlang im Wasser leben (vgl. u.a. DARWIN 1983, S. 7 f.; DUNGER 1964; S. 71; STAHR o.J.). Nach FÜLLER (1954, S.25/26) verlassen die Regenwürmer erst einige Stunden nach Beginn des Regens fluchtartig ihre Wohnröhren, um dem Erstickungstod zu entgehen. Er führt dieses Verhalten nicht auf die Überflutung durch Sickerwasser zurück, sondern auf den abnehmenden Sauerstoffgehalt des in den Gängen stehenden Stauwassers durch die Atmungstätigkeit der Würmer. ● Die Regenwürmer flüchten an die Erdoberfläche, weil die Stabilität ihrer Wurmröhren im Boden durch das eindringende Wasser abnimmt und die Tiere dann dort keinen Halt mehr finden (vgl. GRAFF 1983, S. 47 und 2003, S. 1; RUBZ 2001, S. 13). - Angesichts der Stabilität der Wurmröhren (s. Regenwurmgänge) und der Tatsache, dass die Regenwürmer im Frühjahr nach Regenfällen besonders häufiger an die Oberfläche kommen als im Sommer und Herbst, ist auch diese Theorie wenig überzeugend. ● „Bei Regen nehmen die Würmer das Prasseln der Regentropfen über feinste Borsten als Erschütterung wahr und kommen sofort an die Erdoberfläche. Vermutlich nutzen sie die günstige - sprich feuchte - Gelegenheit für eine Wanderung“ (PHLIPPEN 2001). - Bezogen die Lebensweise von Regenwürmern und die Tatsache, dass ihre Borsten auf verschiedene Reize empfindlich reagieren, erscheint diese Erklärung wahrscheinlich. Insgesamt scheinen die Ausführungen von W. DUNGER (1964, S. 71) das Verhalten der Regenwürmer bei Regen überzeugend zu erklären: „Nach heftigen Regenfällen kann man oft beobachten, dass die Regenwürmer in großer Zahl an der Oberfläche erscheinen. Dies wird häufig damit erklärt, dass sich im wasserdurchtränkten Boden Sauerstoffmangel einstellt, vor dem die Regenwürmer ausweichen. Eine nähere Untersuchung lehrt aber, dass einerseits ein spürbarer Sauerstoffmangel erst längere Zeit nach einem Regen (bei Staunässe) auftreten kann, andererseits die Empfindlichkeit der Regenwürmer gegen niedere Sauerstoff-Konzentrationen nur gering ist. FINCK sieht die Ursache des Auftauchens an der Oberfläche darin, dass die Regenwürmer durch eine rasche Erhöhung der Bodenfeuchtigkeit zu starker Bewegungsaktivität veranlasst werden und sich dabei aus dem Boden herauswühlen.“ Betrachtet man die besondere „Konstruktion“ der Regenwürmer, so fällt ihrer zarte, mit einem Feuchtigkeitsfilm überzogene Außenhaut auf, die nur wenig gegen Austrocknung geschützt ist. Regenwürmer sind daher auf ausreichende Feuchtigkeitsverhältnisse angewiesen und können in trockenen und gemäßigten Klimabereichen den schützenden Boden nur in der Dunkelheit, wenn die Sonne nicht scheint, bei hoher Luftfeuchtigkeit oder Regen verlassen (s. DUNGER 1964, S. 66).
BRAUNS, A. (1968): Praktische Bodenbiologie. Stuttgart: G. Fischer. |