PROJEKT HYPERSOIL | Pfad: https://hypersoil.uni-muenster.de/2/01/08.htm |
Modul: Boden & Unterricht | |
Kapitel: Didaktische Legitimation | |
Seitentitel: Empirische Unterrichtsforschung |
Anmerkung: Der Begriff "Unterrichtsforschung" wird nachfolgend analog zum aktuellen Diskurs differenziert in "Lehr-Lern-Forschung" und "Vergleichende Bildungsforschung" (s. u.a. ROST 1998)
Synonyme Begriffe: Unterrichtsforschung, Instruktionsforschung Der Begriff der Lehr-Lern-Forschung (LLF; engl. "research on learning and instruction") wurde Mitte der 70er Jahre geprägt und hat sich als Bezeichnung für ein Forschungsprogramm innerhalb der empirischen Bildungsforschung und Pädagogischen Psychologie etabliert, das aus der älteren empirischen Unterrichtsforschung hervor-gegangen und eng mit der Instruktionspsychologie wie psychologischen Lernforschung verknüpft ist. LLF ist eine auf Lehr-Lern-Probleme gerichtete Mikroforschung, während sich (vergleichende) Bildungsforschung (s.u.) als Makroforschung eher auf Institutionen richtet. Thematisch ist LLF weder einheitlich noch in sich geschlossen, sondern integriert unterschiedliche Forschungsstränge zur theoriegeleiteten Beschreibung, Erklärung und Optimierung von Lehr-Lern-Prozessen i.d.R. unter den Bedingungen institutionalisierten Unterrichts. Gegenstände der LLF sind vor allen Dingen: kognitive Prozesse und Interaktionsstrukturen bei der systematischen Vermittlung und Aneignung fachbezogener, allgemeiner kognitiver sowie sozialer Kompetenzen; Lernen als aktiver Prozess des Problemlösens; Zusammenhänge von Aufgabenstellung, Lernsequenzen, Lernproblemen und Lernergebnissen; Strukturen von Wissen und Prozesse der Wissenskonstruktion; Lehrerkognitionen und classroom-management; Wirkungen von Lehrmedien auf Lernprozesse und Lernergebnisse und nicht zuletzt die Förderung und Entwicklung selbstregulativer Fähigkeiten. - Exemplarische Forschungsstränge: Lehr-Lern-Prozess-Forschung, Lehreffekt-Forschung, (Lehr)Prozess-(Lern)Produkt-Forschung. Literatur:
Vergleichende Bildungsforschung Vergleichende Bildungsforschung richtet sich u.a. auf Inhalte, Qualität und Effizienz von Bildungsprozessen im institutionellen und/oder internationalen bzw. interkulturellen Vergleich. Gegenwärtig hochaktuelle Beispiele politiknaher und kulturvergleichender Bildungsforschung sind Internationale Schulleistungsvergleiche (ISV), wie sie von der International Association for the Evaluation of Educational Achievement (IEA) getragen werden. Unter ihrer Ägide wurde eine Reihe von internationalen Schul-leistungsvergleichen durchgeführt, deren Schwerpunkt auf dem mathematisch-natur-wissenschaftlichen Gebiet liegt. Dazu gehören z.B.: FIMS - First International Mathematics
Study (1964) TIMSS - Third International Mathematics
and Science Study (1994-1995) In Deutschland laufen parallel dazu, z.T.
auch als Reaktion auf festgestellte Defizite, verschiedene
Modellversuche der Bund-Länder-Kommisssion für Bildungsplanung
und Forschungsförderung (BLK), z.B.:
Weitere Informationen:
Literatur:
TIMSS - Third International Mathematics and Science Study (1994-1995) In dieser Studie wurden erstmals in verschiedenen Ländern (u.a. USA, Japan, Europa) die Leistungen in Mathematik und Naturwissenschaften simultan untersucht. Es ergaben sich z.T. beträchtliche Leistungsunterschiede. TIMSS konnte dabei die Annahme erhärten, dass die großen Leistungsunterschiede zwischen den Ländern primär weder auf unterschiedliche Fachcurricula - wie häufig behauptet - noch auf unterschiedliche Verwaltungs- und Organisationsmerkmale der Bildungssysteme zurückgeführt werden können. Als Unterschiede erklärende Faktoren kommen viel eher folgende in Frage: kulturelle Differenzen in der Wertschätzung von Bildung und der damit verbundenen Investitions- und Anstrengungsbereitschaft; kulturelle Unterschiede in der gesellschaftlichen Akzeptanz und Wertschätzung einzelner Wissensgebiete und Schulfächer; qualitative Unterschiede in der Gestaltung der Lehr-Lern-Prozesse. Die durchgeführten Curriculumvergleiche haben gezeigt, dass sich für die mathematisch-naturwissenschaftlichen Fachgebiete internationale Kerncurricula beträchtlicher Homogenität identifizieren lassen. Weitere Informationen:
PISA - Programme for International Student Assessment (2000-2010) Diese weltweit bislang größte Bildungsstudie, die auf zehn Jahre angelegt ist und an der sich 32 Industrienationen beteiligen, läuft seit 2000 im Auftrag der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). PISA soll die Stärken und Schwächen der Schülerinnen und Schüler erfassen und damit verlässliche Aussagen über die Leistungsfähigkeit der Bildungssysteme ermöglichen. Gleichzeitig sollen Ansatzpunkte für eine Qualitätsentwicklung in den Schulen aufgezeigt werden. In regelmäßigen Abständen will PISA Hinweise für die Schulpolitik, Fachdidaktik und Lehrerbildung liefern. Dazu werden u.a. im Abstand von drei Jahren die Schulleistungen der 15-jährigen Schülerinnen und Schüler nacheinander in den Bereichen Lesekompetenz (Reading Literacy), Mathematische Grundbildung (Mathematical Literacy) und Naturwissenschaftliche Grundbildung (s. Scientific Literacy ) gemessen. In den drei Runden erhält jeweils ein anderer Kompetenzbereich einen größeren Testanteil: Lesekompetenz (2000), Mathematische Grundbildung (2003), Naturwissenschaftliche Grundbildung (2006). Aus der ersten Befragungsrunde (2000) liegen inzwischen die Ergebnisse vor. Das schlechte Abschneiden der deutschen Schülerinnen und Schüler - deutlich unterhalb des OECD-Durchschnittes und im unteren Drittel des internationalen Vergleiches mit 32 Nationen - hat eine intensive bildungspolitsche Diskussion ausgelöst, die erstmals auch verstärkt in der Öffentlichkeit geführt wird. Neben zahlreichen Tendenzen zeigt die Studie, "... dass es keinen einzelnen Faktor gibt, der erklärt, warum einige Schulen und Länder bessere Ergebnisse aufweisen, aber einige Schulpolitiken und Praktiken mit Schulerfolg in Verbindung gebracht werden können. Positive Auswirkungen haben zum Beispiel das Ausmaß, in dem Schüler Schulressourcen nutzen können, in dem Fachlehrer zur Verfügung stehen und in dem Schulen am Entscheidungsprozess mitwirken können. Die Leistungen sind auch dort besser, wo Lehrer motiviert sind und hohe Erwartungen haben und wo die Disziplin und Beziehungen in den Klassenräumen gut sind" (www.oecd.org/pdf/M00022000/M00022680.pdf, S. 2 - Stand: 6/02). Weitere Informationen:
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