In Europa geht das Sinnbild „Mutter
Erde“ auf die mittlere Altsteinzeit vor etwa 200.000
Jahren zurück. Die Natur schenkte den Menschen die lebensnotwendige
Nahrung und bot außerdem Schutz in Form von Erdlöchern,
Felsspalten oder Höhlen. Obwohl die Männer Jagd
auf Mammuts und Waldelefanten machten, waren es doch vor allem
die Frauen, die für die Beschaffung der Nahrung und somit
für das Überleben der Horde sorgten.
Die Menschen waren von der Natur abhängig, dieser sogar
restlos ausgeliefert. Mensch und Natur verband eine enge Beziehung.
Daraus und aus der Rolle der Frau in der Horde resultiert
vermutlich das Sinnbild „Mutter Erde“. Die Frau/Mutter
wurde mit der Erde gleichgesetzt wie das folgende Zitat zeigt:
„Aus der dunklen Erde wuchsen die
für das Überleben der Horde so wichtigen Pflanzen
heraus. Die Menschen mussten einmal sehr genau beobachtet
haben, an welcher Stelle und zu welcher Zeit eine Pflanze
aus dem Erdboden wächst oder Früchte trägt.
Und noch etwas konnten auch schon diese Menschen beobachten,
nämlich woher die Kinder kamen und wie die Mutter sie
an der Brust nährte. Es gab und es gibt also etwas
Gemeinsames zwischen einer Frau und dem Erdboden: Beide
konnten und können Leben hervorbringen und Nahrung
spenden bzw. für Nahrung sorgen.“ (MARQUARDT-MAU
1988, S. 86)
Symbolhaft erzählen die Malereien
in den Lagerstätten und Höhlen über die Beziehung
der Menschen zur Natur und zum Erdboden. Einige Wissenschaftler
vermuten, dass die Steinzeitmenschen sich eine Höhle
„wie einen weiblichen Leib“ vorgestellt haben.
Vielleicht haben sie sogar in dem Moment, wenn sie nach stundenlangen
Aufenthalten die dunkle enge Höhle verließen und
sich im hellen Tageslicht ausstecken konnten, auf symbolische
Weise ihre Wiedergeburt nachvollzogen (vgl. MARQUARDT-MAU
1988, S. 87 ff.).
Vom Kult der Mutter Erde zeugen insbesondere
die weiblichen Skulpturen der jüngeren Altsteinzeit (etwa
40.000-8.000 v.Chr.). Die ältesten Funde sind ca. 30.000
Jahre alt. Gemeinsam haben die Figuren, dass sie nackt sind,
massige Brüste und Schenkel sowie einen großen
Bauch und ein breites Gesäß haben. Hierin spiegelt
sich die Ebenbürtigkeit von Erde und Frau - Leben zu
geben, zu ernähren und zu schützen - sinnbildlich
wieder (vgl. MARQUARDT-MAU 1988, S. 88).
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Venus
von Willendorf:
Dieses 25.000 Jahre alte Fruchtbarkeitssymbol
ist das berühmteste Beispiel für altsteinzeitliche
Menschenplastik.
Die Figur ist 11 cm
hoch und wurde mit Feuerstein-werkzeugen aus feinem
Kalkstein hergestellt. Die Venus wurde 1908 bei einer
Grabung im Auftrag des Naturhistorischen Museums Wien
in der Wachau bei Willendorf gefunden. Die Statuette
ist so gut wie unversehrt erhalten. Ur-Ursprünglich
war die Venus jedoch dick mit Rötel bemalt. Ihre
eigentliche Bedeutung gibt den Wissenschaftern weltweit
bis heute Rätsel auf.
(Quelle:
http://www.nhmwien.ac.at/D/museum/Aseite05.html) |
©Naturhistorisches
Museum Wien,
Photo: Alice Schumacher |
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Bekannte archäologische Funde sind
zum Beispiel die „Venus von Willendorf“ (Niederösterreich,
ca. 20.000 v.Chr.) und die „Venus mit Stierhorn“
von Laussel (Dordogne, ca. 25.000 v.Chr.). Diese Mutter-Statuetten
wurden als „Magna Mater“ (Große Mutter)
gedeutet. Die Verbreitung des „Magna Mater“-Kultes
in Europa erfolgte jedoch vor allem in der späteren Jungsteinzeit
(s. Magna Mater in der
Jungsteinzeit) (vgl. EHMER1994, S. 23 ff.).
Literatur
MARQUARDT-MAU, B. (1988): Mutter Erde.
In: Schächter, M. (Hrsg.): Mittendrin – die Erde
hat kein dickes Fell. Berlin: Mann-Verlag, S.85- 95.
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