Auch wenn ihr Gewichtsanteil im Boden relativ
gering ist, deuten Formenreichtum, Artenvielfalt und Individuenhäufigkeit
der Bodentiere darauf hin, dass sie für die Bodenentwicklung
von Bedeutung sind.
Insgesamt ist das Leistungsspektrum der
verschiedenen Bodentierarten sehr breit und in der Regel eng
mit den Formen der Nahrungssuche und Nahrungsaufnahme verbunden.
Dabei sind die Fortbewegungsweise sowie die verschiedenen
Formen der Zerkleinerung, Aufnahme, Verdauung und Ausscheidung
von Nahrungspartikeln von Bedeutung.
Primär lassen sich drei Bereiche identifizieren,
in denen Bodentiere eine entscheidende Rolle spielen: Entwicklung
der Struktur des Bodenkörpers (strukturprägende
Funktion), Beschleunigung des Abbaus der organischen Substanz
(Steuerungsfunktion) und Anzeiger für bestimmte Bodenqualitäten
(Indikatorfunktion).
Strukturprägende Funktion
Zunächst einmal sind die Bodentiere,
insbesondere die grabenden und wühlenden Arten, für
die Lockerung, Umlagerung und Durchmischung der Bodensubstanzen
verantwortlich. Diese als Bioturbation
bezeichneten Prozesse verbessern die Durchlüftung des
Bodens, reichern den Mineralboden mit Ton-Humus-Komplexen
an und erhöhen seine Wasserkapazität. Nachhaltig
strukturprägende Funktionen erfüllen im Boden besonders
die Regenwürmer.
Steuerungsfunktion beim Streuabbau
Für die Zersetzung und Humifizierung
der abgestorbenen organischen Substanz, die z.B. durch Laubfall
in großen Mengen auf die Bodenoberfläche gelangt,
sind Bodentiere nicht unbedingt erforderlich. Sie besitzen
aber eine bedeutende Steuerungsfunktion für den mikrobiellen
Abbau. In Ausschlussversuchen konnte nachgewiesen werden,
dass der Bestandsabfall ohne Mitwirkung von Bodentieren wesentlich
langsamer und häufig auch zu eungünstigeren Humusformen
abgebaut wird. Durch mechanische Zerkleinerung und Aufschlussleistungen
bei der Verdauung födern Bodentiere als Primärzersetzer
den mikrobiellen Abbau (s. Zersetzung).
DUNGER (1998, S. 72/73)
differenziert die Steuerungsleistungen der Bodentiere
nach
verschieden Effekten, z.B.: |
• |
„Nussknacker-Effekt“:
verschiedene Arten der Meso- und Makrofauna fressen an
den organischen Materialien und brechen dadurch die Hüllschichten
auf, so dass Mikroorganismen leichter an die Zellinhaltsstoffe
gelangen (z.B. Primärzersetzer wie Zweiflüglerlarven,
Springschwänze, Milben, Asseln oder Schnecken), |
• |
„Pelletierungseffekt“:
durch Fraß- und Verdauungstätigkeit werden
kompakte Pflanzenreste zerlegt und in Kotballen ausgeschieden.
Dadurch erfolgt eine Oberflächenvergrößerung
und Optimierung der Zugriffsmöglichkeiten für
die „Konsumenten“ dieser Pellets, z.B. Vertreter
der Mikroflora und Mikrofauna sowie Kleinarthropoden. |
• |
„Selektive
Beweidung“: Vertreter der Mikro- und Mesofauna
weiden Mikroorganismenbeläge ab, die sich auf organischen
Substanzen im Boden, u.a. auch auf Kotballen entwickeln.
Dadurch erhöht sich in vielen Fällen die Stoffwechselaktivität
der Mikroben. |
• |
„Außenmagen-Effekt“:
verschiedene Arten der Meso- und Makrofauna nehmen häufig
ihre eigene Kotballen oder die anderer Arten auf, die
inzwischen von Mikroorganismen (wieder-)besiedelt worden
sind, und verbessern so den weiteren Aufschluss. |
Bei der Verdauung der aufgenommenen organischen
Substanz erfolgt bei einer Reihe von Bodentierarten während
der Darmpassage eine Beimpfung mit Bakterien. Diese werden
mit dem Kot freigesetzt und fördern den mikrobiellen
Abbau. Einige Bodentierarten, die sich geophag
ernähren, d.h. Erde bzw. den organisch angereicherten
Mineralboden fressen (z.B. Regenwürmer, Doppelfüßer
und Zweiflüglerlarven), können Tonmineralien im
Darm aktivieren und Ton-Humus-Komplexe bilden, die ausgeschieden
werden und die Bodenfruchtbarkeit
verbessern (vgl. u.a. BRUCKER 1981, 1988 und SCHEFFER/ SCHACHSCHABEL
2002).
Indikatorfunktion
Die Leistungen der Bodentiere bei der Verbesserung
der physikalischen Bodeneigenschaften (= strukturprägende
Funktion, s.o.) sowie bei der Zerkleinerung von Bestandsabfällen
und anderen organischen Resten sind abhängig von den
jeweiligen Standortbedingungen,
d.h. von den abiotischen, biotischen und anthropogenen Einflüssen
vor Ort. Sie bestimmen die Zusammensetzung der Bodenfauna
(und -flora) sowie deren jeweilige Aktivität (s. Bodenaktivität).
In kalkreichen Substraten dominieren Regenwürmer
und Schnecken den Streuabbau. In sauren Böden dagegen
spielen Mückenlarven eine herausragende Rolle und inI
nassen Substraten Schnakenlarven (SCHEFFER/ SCHACHTSCHABEL
2002, S. 97). Aus der Zusammensetzung der Bodentierarten und
ihrer jeweiligen Häufigkeit lassen sich Rückschlüsse
auf die spezifischen Standortqualitäten ziehen. Sie können
daher als Indikatoren bzw. Zeigerorganismen für bestimmte
Bodeneigenschaften herangezogen werden. Dazu ist die Kenntnis
ihrer ökologischen Ansprüche erforderlich, d.h.
welche Standortbedingungen sie bevorzugen, welche sie tolerieren
und welche Qualitäten sie nicht ertragen. Dieses Wissen
ist zur Zeit nicht besonders umfangreich und erfordert weitere
Untersuchungen.
Nachfolgend werden einige Arten genannt,
deren Auftreten auf bestimmte Eigenschaften des Bodens hindeutet
(nach BRUCKER 1988, S. 62 ff.):
Enchyträen:
reagieren empfindlich auf Umweltchemikalien und Pflanzenschutzmittel.
Ihr Fehlen deutet auf entsprechend Belastungen hin.
Tausendfüßer:
sind empfindliche Zeigerorganismen für humusreiche, ausreichend
mit Kalk und Kalium versorgte Böden, die durch Bodennutzung
wenig gestört sind. Dort finden sich z.B. Arten wie Schnurfüßer,
Bandfüßer, Saftkugeler, Zwergfüßer,
Erdläufer und Steinkriecher. Auch Phosphatmangel reduziert
den Anteil von Tausendfüßern, während sich
Stickstoffmangel eher positiv auszuwirken scheint.
Springschwänze:
bevorzugen Böden mit guter Nährhumusversorgung und
reagieren auf Herbizideinsatz empfindlich.
Raubmilben:
sind Indikatoren für eine vielfältige Lebensgemeinschaft
mit reichlich Springschwänzen, Fadenwürmern, Enchyträen
und Milben, von denen sie sich ernähren.
Hornmilben:
gelten als Zeigerorganismen für einen lockeren, humus-
und mineralreichen, fruchtbaren Boden.
Asseln:
sind Feuchtigkeitszeiger.
Weberknechte: sind Kalkzeiger und Indikatoren
für humusreiche, tonhaltige und ungestörte Böden.
Afterskorpione: sind Indikatoren für
ungestörte Böden mit hohem Anteil an Vegetationsrückständen.
Insgesamt beschleunigt eine arten- und
individuenreiche Gemeinschaft wirbelloser Tiere im Boden den
Abbau der organischen Substanz und fördert den Aufbau
stabiler Ton-Humus-Komplexe. Sie gilt daher als Indikator
für humusreiche und fruchtbare Böden. Ihre Lebenstätigkeit
äußert sich in einer entsprechend hohen Bodenaktivität
.
Literatur |
BRAUNS, A. (1968): Praktische
Bodenbiologie. Stuttgart: G. Fischer. |
BRUCKER, G. (1981): Bodenbiologie.
Unterricht Biologie 5, Heft 57, S. 2-11. |
BRUCKER, G. (1988): Lebensraum
Boden. Stuttgart: Frankh. |
DUNGER, W. (1998): Böden
und Bodentiere als wechselseitiges Bedingungsgefüge.
In: Sächsische Akademie für Natur und Umwelt
in der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt
(Hrsg.) : Der Schutz des Bodens als gemeinsame Aufgabe
von Bodenschutz und Naturschutz. Dresden, S. 71-78. |
SCHEFFER, F./ SCHACHTSCHABEL,
P. (2002): Lehrbuch der Bodenkunde - 15. Auflage -. Heidelberg;
Berlin: Spektrum Akademischer Verlag. |
|