Nach dem Glauben der Essener - eine „urchristliche
Gütergemeinschaft“ (etwa 150 v.Chr.-70 n.Chr.)
- war die Natur der Weg zu Gott. Die Natur wurde als Muttergottheit
angesehen und als Allmutter, Lebensspenderin, Nährmutter
und Allgütige verehrt. (vgl. BAYERL/ TROITZSCH, 1998,
S. 36). Von den Essenern wurde der Text „Die Mutter
Erde“ überliefert. Die ersten Abschnitte hieraus
lassen einen urchristlichen Glauben erkennen, der Mutter Erde
als Schöpferin des Menschen verehrt:
„Ehre deine Mutter Erde, auf dass
deine Tage auf Erden lange währen. Die Mutter Erde
ist in dir und du bist in ihr. Sie gebar dich, sie gibt
dir das Leben. Sie war es, die dir deinen Körper gab,
und Ihr wirst du ihn eines Tages zurückgeben. Glücklich
wirst du sein, wenn du Sie kennenlernst und das Reich ihrer
Pracht.
Wenn du die Engel deiner Mutter empfängst und nach
ihren Gesetzen lebst, so wirst du nie Krankheit erleben.
Denn die Kraft deiner Mutter Erde steht über allem.
Sie bestimmt das Schicksal aller menschlichen Körper
und aller lebendigen Wesen. Das Blut, das in uns fließt,
stammt aus dem Blut unserer Mutter Erde. Ihr Blut fällt
aus den Wolken, springt aus dem Schoß der Erde, sprudelt
in den Bächen der Berge, ergießt sich in die
Flüsse der Ebenen, schläft in den Seen und tobt
mächtig im ungestümen Meer.“ (BAYERL/ TROITZSCH
1998, S. 41 ff.)
In der biblischen Schöpfungsgeschichte
finden sich ebenfalls Anhaltspunkte für die enge Verbindung
zwischen Mensch und Erde. Die Erdverbundenheit des menschlichen
Daseins wird hier besonders betont. Der Stammvater der Menschheit
wird „Adam“
genannt. Adam steht im Hebräischen für „Mensch“
und Adama für den Ackerboden.
Adam, der „Erdling“,
wurde aus Erde gemacht (vgl. HELD 1997, S.43). „Von
ihm (dem Boden) genommen und zu ihm zurückkehrend, erhält
er (der Mensch) sein Leben durch dessen Kräfte (Genesis
2,73 , 17 f.). Die menschliche Hauptaufgabe besteht darin
den Boden zu bearbeiten (Genesis 2,6; 3,23), was hebräisch
so ausgedrückt wird, dass Adam der Adama zu „dienen“
hat.“ (RAT DER EVANGELISCHEN KIRCHE / DEUTSCHE BISCHOFSKONFERENZ
1985, o.S.).
Der monotheistische christliche Glauben,
der seit ca. 3000 Jahren verkündet wird, wendet sich
von den Vielgöttern und Naturgottheiten ab. Gott allein
ist der Schöpfer des Himmels und der Erde. Er wird als
„absolutes Subjekt“ und der Mensch als Ebenbild
Gottes gesehen (vgl. RUH / RUGGER / SCHENK 1990, S. 51).
Der göttliche Auftrag „Macht
Euch die Erde untertan“ wurde wenig behutsam und nicht
im eigentlichen Sinne gedeutet. Ursprünglich sollte eine
Unterdrückung und Ausbeutung von „Mutter Erde“
nicht die Folge sein. Denn „Untertanmachen (Genesis
1,28) bedeutet, die Erde (den Boden) mit ihrem Wildwuchs ’botmäßig,
gefügig machen? (…) Der Boden wird in ein Abhängigkeitsverhältnis
gesetzt, vergleichbar dem Verhältnis eines Herrn zu seinem
untergeordneten Knecht, der Gehorsam schuldet, zugleich aber
auch nicht ausgebeutet und ohne fürsorgenden Schutz gelassen
werden darf. Dem Menschen wird also von Gott in dem Herrschaftsauftrag
aufgetragen, durch seine Arbeit das Angesicht der Erde zu
schonen, zu gestalten, sie zu verändern, sie bewohnbar
und fruchtbar zu machen.“ (RAT DER EVANGELISCHEN KIRCHE
/ DEUTSCHE BISCHOFSKONFERENZ 1985, o.S.).
Erhalten blieb die Symbolhaftigkeit der
Erde als Spenderin und Empfängerin des Lebens zum Beispiel
in der christlichen Beerdigungszeremonie. Die Beisetzungsformel
vieler Pastoren „Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub
zu Staub“ wird durch einen dreimaligen Erdwurf versinnbildlicht.
Literatur
BAYERL, G./ TROITZSCH, U. (1998):
Quellentexte zur Geschichte der Umwelt von der Antike bis
heute. Göttingen: Hansen-Schmidt.
HELD, M. (1997): „Der letzte Dreck“. Gründe
für die gesellschaftliche Ignoranz des Bodenproblems.
In: Politische Ökologie, Sonderheft 10: Bodenlos - Zum
nachhaltigen Umgang mit Böden, S. 33-37.
RAT DER EVANGELISCHEN KIRCHE / DEUTSCHE BISCHOFSKONFERENZ
(1985): Verantwortung wahrnehmen für die Schöpfung.
Gemeinsame Erklärung des Rates der Evangelischen Kirche
in Deutschland und der Deutschen Bischofskonferenz. http://www.ekd.de/EKD-Texte/2110_schoepfung_1985_verantwortung4.html
[Stand 16.05.02]
RUH / RUGGER / SCHENK (1990): Ethik und Boden. Bericht 52
des Nationalen Forschungsprogrammes „Boden“. Liebefeld-Bern.
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