Die Böden der Erde sind weiterhin stark bedroht. Tagtäglich gehen große Flächen durch Erosion verloren oder werden versiegelt und überbaut bzw. durch Schadstoffeinträge in ihrer Funktion nachhaltig beeinträchtigt (s. Bodeninterne Degradation). Schätzungsweise mehr als 25% der Landoberfläche und über 900 Millionen Menschen auf der Erde sind aktuell mehr oder weniger stark von der global fortschreitenden Wüstenbildung (= Desertifikation) und ihren Folgen betroffen (s. WBGU 1994, S. 3). „Schon heute sind viele Staaten nicht mehr in der Lage, ihre Bevölkerung aus den Erträgen der eigenen landwirtschaftlichen Produktion zu ernähren. […] Die Folgen sind Gefahr von Unterversorgung und Hungersnöten, Beschleunigung der Bodendegradation und internationale Migration mit dem entsprechenden Einwanderungsdruck auf die Industrieländer“ (WBGU 1994, S. 6; vgl. OLDEMAN 1997).
Mit etwa 250.000 neuen Erdenbürgern pro Tag steigt die Nachfrage an Nahrungsmitteln kontinuierlich. Gleichzeitig schrumpfen aber die natürlichen Ressourcen der Erde – insbesondere der fruchtbare Ackerboden – bedingt durch Überbevölkerung und steigende Konsumansprüche in einem rasanten Tempo. Bereits heute sind mehr als 2 Milliarden Menschen unterernährt und täglich sterben 40.000 Kinder, u.a. an den Folgen dieser Unterernährung (vgl. PIMENTEL et al. 1997).
Aktuelle Situation in Europa
In Europa ist die Bodendegradation primär auf Erosion und Flächenversiegelung zurückzuführen. So sind etwa 17% der gesamten Bodenfläche in unterschiedlichem Umfang durch Bodenerosion beeinträchtigt. „Aufgrund der klimatischen Bedingungen ist die Mittelmeerregion eines der am stärksten betroffenen Gebiete. Veränderungen bei der Landnutzung, wie das Brachliegenlassen von Grenzertragsböden mit sehr geringer Pflanzendecke und die Zunahme bei Häufigkeit und Ausmaß von Waldbränden haben seit jeher starke Auswirkungen auf die Bodenressourcen. In den extremsten Fällen hat Bodenerosion zusammen mit weiteren Formen der Landdegradation in einigen Gebieten des Mittelmeerraums und Osteuropas zu Wüstenbildung geführt. Bodenerosion stellt auch ein zunehmendes Problem in Nordeuropa dar, wenn auch in geringerem Ausmaß“ (EUA 2003, S. 47).
„Die stärksten Auswirkungen auf die Bodenqualität haben u.a. die in der Landwirtschaft verwendeten Bodenbearbeitungsverfahren. Der Verlust an der organischen Substanz bzw. der biologischen Vielfalt des Bodens und infolgedessen der Bodenfruchtbarkeit wird häufig durch nicht nachhaltige Verfahren, wie Tiefpflügen empfindlicher Böden und Anbau von Erosion begünstigenden Getreidearten, wie Mais, gefördert. Des Weiteren können Überweidung und Intensivierung der Landwirtschaft - Aspekte, die in der EU mit der Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik in Zusammenhang stehen - zu einer Beschleunigung des Bodenverlusts durch Bodenerosion beitragen“ (EUA 2003, S. 47).
Einen weiteren Problembereich stellt die fortschreitende Bodenversiegelung dar. Sie nimmt „… weiter zu, besonders in Westeuropa, wo die Flächenbebauung schneller voranschreitet als das Bevölkerungswachstum. Dies ist eine Folge des kontinuierlichen Anstiegs der Zahl der Haushalte und der durchschnittlichen Pro-Kopf-Wohnfläche seit 1980.“ (EUA 2003, S. 48)
Aktuelle Situation in Deutschland
Auch in Deutschland gehört Bodenerosion zu den zentralen Problembereichen. Hier beläuft sich die mittlere Bodenerosionsrate im Jahr auf etwa acht bis zehn Tonnen pro Hektar und übertrifft damit die durchschnittliche jährliche Bodenneubildungsrate von etwa 2 Tonnen pro Hektar um das Fünffache (vgl. GRAßL 1997, S. 14/15). „Wie schnell Boden verloren gehen kann, wurde vielen Deutschen im April 1997 klar, als Winderosion von den vorwiegend noch nackten Ackerflächen in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Brandenburg die Autofahrer auf den Autobahnen zwang, sich tagsüber mit Licht langsamer fortzubewegen. Wohl kaum einem wurde dabei klar, dass von vielen Äckern Jahre, wenn nicht Jahrzehnte der Bodenbildung bei einem einzigen Sturm weggeweht wurden“ (GRAßL 1997, S. 15; s. Erosion).
Nur 29 Prozent unserer Erdoberfläche gehören zur Landmasse -
davon wiederum sind nur 11 Prozent landwirtschaftlich nutzbar.
Von diesen 11 Prozent weltweit werden alleine in Deutschland pro Sekunde
15 Quadratmeter versiegelt und damit unbrauchbar gemacht.
|
Quelle: Niedersächsisches Amt für Bodenforschung. Bodenwissen, S. 2 (www.nlfb.de/boden/faszination)
In Deutschland wird derzeit jeden Tag
eine Freifläche so groß wie etwa 170 Fußballfelder
mit Siedlungen, Straßen und Gewerbegebieten überbaut;
das entspricht in sechs Jahren der Größe des Saarlandes.
Mehr als die Hälfte dieser Freifläche geht durch die Bauwerke vollständig verloren,
der größte Teil der übrigen Fläche wird durch die Bautätigkeit so stark gestört,
dass die Böden ihre ursprünglichen Funktionen teilweise verlieren.
|
Quelle: WBB 2002, S. 1
In Deutschland liegt der Flächenverbrauch
bei täglich etwa 129 Hektar Boden.
Das entspricht 896 m² pro Minute
und 15 m² pro Sekunde.
|
Quelle: www.fischbar.de/boden/zeit.htm (05.10.04)
Weitere Informationen:
Literatur:
EUA (2003): Europäische Umweltagentur: Die Umwelt in Europa: Der dritte Lagebericht. Zusammenfassung. – Download: reports.de.eea.eu.int/environmental_assessment_report_2003_10-sum/de/kiev_de.pdf (05.10.04) |
Graßl, H. (1997): Brisante Mischung – Böden und globaler Wandel. In: Kümmerer, K./ Schneider, M./ Held, M. (Hrsg.): Bodenlos – Zum nachhaltigen Umgang mit Böden. Politische Ökologie 15, Sonderheft 10. München: ökom, S. 12-16. |
Oldeman, L. R. (1997): Verlustrechnung – Bodendegradation als Bedrohung der Nahrungsmittelversorgung. In: Kümmerer, K./ Schneider, M./ Held, M. (Hrsg.): Bodenlos – Zum nachhaltigen Umgang mit Böden. Politische Ökologie 15, Sonderheft 10. München: ökom, S. 23-26. |
Pimentel, D., Kleinmann, P.J.A., Pimentel, M., Held, M. (1997): Immer weniger für immer mehr. In: Kümmerer, K./ Schneider, M./ Held, M. (Hrsg.): Bodenlos – Zum nachhaltigen Umgang mit Böden. Politische Ökologie 15, Sonderheft 10. München: ökom, S. 7-11. |
WBB (2002): Wissenschaftlicher Beirat Bodenschutz beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.): Ohne Boden – bodenlos. Eine Denkschrift zum Boden-Bewusstsein. Berlin |
|