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  In einer zunehmend durch Naturwissenschaften 
                    und Technik bestimmten Welt gehören naturwissenschaftliche 
                    Basiskonzepte und Prozesse zu den unverzichtbaren Elementen 
                    einer zeitgemäßen Allgemeinbildung. Anforderungen 
                    an einen solchen naturwissenschaftlich fundierten Bildungsstrang 
                    werden gegenwärtig international unter dem Schlagwort 
                    "Scientific Literacy" diskutiert. Der Begriff Scientific 
                    Literacy entzieht sich einer direkten wörtlichen 
                    Übersetzung, wird in der deutschsprachigen Literatur 
                    aber seit dem OECD-PISA-Projekt (s. PISA-Studie) 
                    überwiegend als "Naturwissenschaftliche Grundbildung" 
                    übersetzt und definiert als "... Fähigkeit, 
                    naturwissenschaftliches Wissen anzuwenden, naturwissenschaftliche 
                    Fragen zu erkennen und aus Belegen Schlussfolgerungen zu ziehen, 
                    um Entscheidungen zu verstehen und zu treffen, welche die 
                    natürliche Welt und die durch menschliches Handeln an 
                    ihr vorgenommenen Veränderungen betrifft." (DEUTSCHES 
                    PISA-KONSORTIUM 2000, S. 66). "Scientific Literacy" 
                    bezieht sich nicht nur auf bestimmte Wissensbestände, 
                    sondern auch auf die Struktur dieses Wissens, die Methoden 
                    der Wissensproduktion und die Verbindungen zwischen Entdeckung 
                    und Anwendung, d.h. auf die Wissenschaft, ihre Methoden und 
                    deren kritische Reflexion (vgl. dazu OELKERS 1997).
 Naturwissenschaftliche Grundbildung kann 
                    im Anschluss an BYBEE (1997) über verschiedene Ebenen 
                    naturwissenschaftlichen Wissens differenziert werden: nominelles 
                    Wissen (einfaches Begriffs- und Faktenwissen), funktionales 
                    Wissen, konzeptuelles und prozedurales Wissen sowie multidimensionales 
                    (Experten-) Wissen. Nach Meinung der PISA-Experten wird naturwissenschaftliche 
                    Grundbildung in der Schule im Wesentlichen durch konzeptuelle 
                    und prozedurale Aspekte bestimmt und basiert u.a. auf folgenden 
                    Fähigkeiten: 
                   
                    (vgl. u.a. DEUTSCHES PISA-KONSORTIUM 
                  2000, S, 65 ff.; GRÄBER/ NENTWIG 2002, S. 10 ff.) 
                      |  |  | Erkennen naturwissenschaftlicher Fragestellungen |   
                      |  |  | Verständnis grundlegender naturwissenschaftlicher 
                        Basiskonzepte |   
                      |  |  | Vertrautheit mit naturwissenschaftlichen 
                        Denk- und Arbeitsweisen |   
                      |  |  | Kritische Reflexion der Möglichkeiten 
                        und Grenzen naturwissenschaftlicher Erkenntnis |  Für den Unterricht ergibt sich unter 
                    dieser Zielperspektive eine Lösung von der Struktur der 
                    jeweiligen naturwissenschaftlichen Bezugsdisziplin hin zu 
                    einer stärkeren Orientierung an spezifischen gesellschaftlichen 
                    Anforderungen. "In einer ersten Phase sollte eine breite 
                    Basis mit wissenschaftlichen Konzepten und prozeduralem Wissen 
                    gelegt werden, das in einer zweiten, anwendungsbezogenen Phase 
                    problemorientiert integriert werden kann" (GRÄBER/ 
                    NENTWIG 2002, S. 13). In der aktuellen Diskussion um "Scientific 
                    Literacy" (vgl. GRÄBER/ BOLTE 1997; GRÄBER/ 
                    NENTWIG/ KOBALLA/ EVANS 2002) spielt zunehmend die Anwendbarkeit 
                    naturwissenschaftlicher Kenntnisse und die Entwicklung entsprechender 
                    Kompetenzen eine Rolle. Naturwissenschaftliche Grundbildung 
                    wird dabei als "Kontinuum" verstanden, das sich 
                    im Laufe des Lebens weiterentwickelt. Dementsprechend muss 
                    das aufgebaute bzw. sich aufbauende Wissen anschlussfähig 
                    im Sinne des SINUS-Programms sein (s. SINUS: 
                    Programm zur Steigerung der Effizienz des mathematisch-naturwissenschaftlichen 
                    Unterrichts). Zusammenfassend lässt sich "Scientific 
                    Literacy" als weithin - nicht nur im angelsächsischen 
                    Raum - akzeptiertes Ziel für naturwissenschaftliche Grundbildung 
                    über ein Bündel fachlicher und überfachlicher 
                    Kompetenzen erschließen. Die nachfolgende Abbildung 
                    illustriert "Scientific Literacy" als "Schnittmenge 
                    verschiedener Kompetenzen" (GRÄBER/ NENTWIG/ NICOLSON 
                    2002, S. 136) 
                     
                      |  |   
                      | Kompetenzen zum Wissen, Handeln und 
                        Bewerten im Konstrukt "Scientific Literacy" 
                        (Abbildung verändert nach GRÄBER/ NENTWIG/ NICOLSON 
                        2002, S. 137 und LANGLET 2001, S. 7) |  "Der Erwerb der jeweils domänenspezifischen Ausprägung 
                    dieser Kompetenzen sollte das Ziel naturwissenschaftlichen 
                    Unterrichts sein. Bildung im allgemeinen - und damit auch 
                    Scientific Literacy als naturwissenschaftsbezogene Anteile 
                    der Bildung eines Menschen - wird hier verstanden als die 
                    Voraussetzung für menschliches Verhalten. Abhängig 
                    von der jeweiligen Domäne benötigt der Mensch, um 
                    agieren und reagieren zu können, eine bestimmte Wissensbasis, 
                    bestimmte Handlungsfähigkeiten und bestimmte Bewertungsmöglichkeiten 
                    - hier und in der aktuellen Diskussion als Kompetenz bezeichnet." 
                    (GRÄBER/ NENTWIG/ NICOLSON 2002, S. 137).
 Zur Entwicklung des Begriffes "Scientific 
                    Literacy" und des ihm zugrundeliegenden Konzeptes vgl. 
                    BYBEE (1997, 2002). Zur Begründung von "Scientific 
                    Literacy" als Leitziel für naturwissenschaftliche 
                    Grundbildung in Deutschland vgl. FISCHER (1998) und hinsichtlich 
                    seiner Relevanz für den naturwissenschaftlich orientierten 
                    Sachunterricht s. MARQUARDT-MAU (2001). weitere Informationen:
 Literatur
 
                     
                      | BYBEE, R.W. (1997): Toward an 
                        Understanding of Scientific Literacy. In: Gräber, 
                        W./ Bolte, C. (Hrsg.): Scientific Literacy. Kiel: IPN 
                        S. 37-68. |   
                      | BYBEE, R.W. (2002): Scientific 
                        Literacy - Mythos oder Realität? In: Gräber, 
                        W. et al. : Scientific Literacy. Der Beitrag der Naturwissenschaften 
                        zur Allgemeinen Bildung. Opladen: Leske + Budrich, S. 
                        21-43. |   
                      | DEUTSCHES PISA-KONSORTIUM (Hrsg.) 
                        (2000): Schülerleistungen im internationalen Vergleich: 
                        Eine neue Rahmenkonzeption für die Erfassung von 
                        Wissen und Fähigkeiten. Berlin: Max-Planck-Institut 
                        für Bildungsforschung (s. www.mpib-berlin.mpg.de/PISA/Rahmenkonzeption.pdf 
                        (1.8.02)) |   
                      | FISCHER, H.E. (1998): Scientific 
                        Literacy und Physiklernen. Zeitschrift für Didaktik 
                        der Naturwissenschaften 4, Heft 2, S. 41-52. |   
                      | GRÄBER, W./ BOLTE, C. (Hrsg.) 
                        (1997): Scientific Literacy. Kiel: IPN. |   
                      | GRÄBER, W./ NENTWIG, P./ 
                        KOBALLA, T./ EVANS, R. (Hrsg.) (2002): Scientific Literacy. 
                        Der Beitrag der Naturwissenschaften zur Allgemeinen Bildung. 
                        Opladen: Leske + Budrich. |   
                      | GRÄBER, W./ NENTWIG, P. 
                        (2002): Scientific Literacy - Naturwissenschaftliche Grundbildung 
                        in der Diskussion. In: Gräber, W. et al. : Scientific 
                        Literacy. Der Beitrag der Naturwissenschaften zur Allgemeinen 
                        Bildung. Opladen: Leske + Budrich, S. 7-20. |   
                      | GRÄBER, W./ NENTWIG, P./ 
                        NICOLSON, P. (2002): Scientific Literacy - von der Theorie 
                        zur Praxis. In: Gräber, W. et al. : Scientific Literacy. 
                        Der Beitrag der Naturwissenschaften zur Allgemeinen Bildung. 
                        Opladen: Leske + Budrich, S. 135-145. |   
                      | MARQUARDT-MAU, B. (2001) : Scientific 
                        Literacy im Sachunterricht ? In : Cech, D./ Feige, B./ 
                        Kahlert, J./ Löffler, G./ Schreier, H./ Schwier, 
                        H.-J./ Stoltenberg, U. (Hrsg.): Die Aktualität der 
                        Pädagogik Martin Wagenscheins für den Sachunterricht. 
                        Bad Heilbrunn/ Obb.: Klinkhardt, S. 185-201. |   
                      | OELKERS, J. (1997): How to define 
                        and justify scientific literacy for everyone. In: Gräber, 
                        W. / Bolte, C. (Hrsg.): Scientific Literacy. Kiel: IPN, 
                        S. 87-101. |  |