Die in Europa nunmehr über 200.000
Jahre alte Annahme der Menschheit, die Erde sei etwas Lebendiges,
wurde in der Wissenschaft der 70er Jahren durch die Gaia-Theorie
des renommierten britischen Physikers James Lovelock aufgegriffen.
Nach Aussage Lovelocks ist diese Theorie eine „Alternative
zu der landläufigen Anschauung (…), dass die Erde
ein vom Leben nur bewohnter, ansonsten aber lebloser Planet
aus Gestein, Wasser und Luft ist.“ (LOVELOCK 1992, S.
12).
Lovelock vertritt die Hypothese, dass die
Erde ein lebendiger Organismus ist, der aus ähnlichen
Bestandteilen wie der menschliche Körper (Nervengeflecht,
Organe, Lungen etc.) aufgebaut und zur Selbstregulation fähig
ist. Lovelock prägte den Begriff „Geophysiologie“
und definiert Gaia als „… ein durchgängiges
physiologisches System, eine Entität, die zumindest in
dem Sinne lebendig ist, als sie wie jeder biologische Organismus
ihren Stoffwechsel und ihre Temperatur selbst regelt und in
den mehr oder weniger engen Grenzen hält, in denen das
Leben bestehen kann.“ (LOVELOCK 1992, S. 10). „Gaia
ist ein evolvierendes System, bestehend aus allem Lebendigen
und seiner Oberflächenumwelt, den Meeren, der Atmosphäre,
dem Krustengestein, wobei diese beiden Komponenten fest verkoppelt
und nicht voneinander zu trennen sind. (…) gemeint ist
ein System, das aus der gemeinsamen und wechselseitigen Evolution
der Organismen und ihrer Umwelt im Laufe der Entwicklungszeitalter
des Lebens auf der Erde hervorgegangen ist.“ (LOVELOCK
1992, S. 11).
Lovelock zieht Parallelen zwischen den
Lebewesen Mensch und Erde sowie deren Krankheiten. Der „Patient
Erde“ wird auf Krankheitssymptome untersucht und soll
mit den Mitteln der „Erdheilkunde“, die Aufschluss
über mögliche Heilungsmethoden gibt, zur Genesung
kommen (vgl. LOVELOCK 1992, S. 12 ff.). Lovelock weist auf
die „Menschenplage“, welcher die Erde ausgesetzt
ist, hin (vgl. LOVELOCK 1992, S. 153 ff.). Er diagnostiziert
die Entblößung und Zerstörung der lebendigen
Haut der Erde als ihre gefährlichste Krankheit, denn
„Wälder und andere natürliche Ökosysteme
sowie deren Böden zu zerstören ist wie eine Hautverbrennung“
(vgl. LOVELOCK 1992, S. 157).
Letztendlich wird nach der Gaia-Theorie
Lovelocks - ähnlich der griechischen Erdgöttin,
die unnachsichtig mit allen war, die nicht in Einklang mit
der Erde lebten - „… jede Spezies, die die Umwelt
schädigt und sie dadurch für ihre Nachkommen unbewohnbar
macht, (…) schließlich ebenso sicher ausgestoßen
wie jene schwächeren Exemplare einer Spezies, die den
„Fitneßtest“ der Evolution nicht bestehen“
(LOVELOCK 1992, S.25).
Weiterführende Literatur
LOVELOCK, J. (1982): Unsere Erde wird überleben.
Gaia – eine optimistische Ökologie. München:
Heyne.
SEILER, S.G. (Hrsg.) (1991): Gaia - Das
Erwachen der Göttin. Die Verwandlung unserer Beziehung
zur Erde. Braunschweig: Aurum.
Interessante Links
RÜCKERT, M. (1997): Gaia: Mutter Erde
ist ein Lebewesen und Amazonien eines ihrer wichtigsten Organe
– Aus den Arbeiten von James Lovelock.
http://www.av.fh-koeln.de/professoren/rueckert/scripten/brgaia.doc
[Stand:2002]
Literatur
LOVELOCK, J. (1992): Gaia. Die Erde
ist ein Lebewesen - 2. Auflage - Bern: Scherz Verlag.
|