Regenwürmer spielen ein herausragende Rolle bei der Humusbildung im Boden und leisten dadurch einen entscheidenden Beitrag zur Entwicklung der Fruchtbarkeit des Bodens. Im Wesentlichen resultiert ihr Einfluss auf die Bodenbildung und Entwicklung des Bodenkörpers aus ihren Ernährungsgewohnheiten (s. Ernährung) und ihrer Fähigkeit, Röhren und Gängen im Boden anzulegen (s. Gänge & Wohnröhren).
Die grabende Tätigkeit der Gang bauenden Regenwurmarten bewirkt eine starke Vergrößerung des Porenvolumens im Boden. „Hierdurch wird erstens der Gasaustausch (Bodenlüftung) gefördert, zweitens die Wasserdurchlässigkeit erhöht und damit eine Verschlämmungsgefahr verringert und drittens die Wasserkapazität (Wasserbindung) des Bodens gehoben“ (DUNGER 1964, S. 81). Darüber hinaus wird – insbesondere durch tiefgrabende Arten – die Bodenstruktur und Nährstoffversorgung verbessert. Organisch angereicherter Oberboden wird in tiefere Schichten verlagert und Minerale sowie Spurenelemente aus dem Unterboden werden in den Wurzelbereich der Pflanzen befördert.
Insgesamt wird der Boden tiefgründig aufgelockert und durchmischt. Weiterhin können die Regenwurmgänge von Pflanzenwurzeln genutzt werden, um in tiefere Bodenschichten vorzudringen. Da die Gänge mit dem nährstoffreichen Kot der Regenwürmer ausgekleidet sind, werden gleichzeitig auch die Nährstoffaufnahme und Wachstum der Wurzeln gefördert (s. BUCH 1986, S. 46/47).
Die Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit steht in engem Zusammenhang mit den Ernährungsgewohnheiten der Regenwürmer. Sie fressen abgestorbenes organisches Material (pflanzliche Rückstände und tierische Abfallstoffe), das bereits von Mikroorganismen vorzersetzt ist. Gleichzeitig nehmen sie dabei auch mehr oder weniger große Mengen an mineralischem Bodenmaterial auf (s. Ernährung). Während der Verdauungstätigkeit werden organische und mineralische Bestandteile gemischt, konzentriert und als nährstoffhaltiger Kot ausgeschieden, der reich an organomineralischen Verbindungen ist.
Die ausgeschiedenen Kothäufchen enthalten viele Ton-Humus-Komplexe und sind nicht mit menschlichem Kot vergleichbar (vgl. FÜLLER 1954, S. 34 ff.; BIERI/CUENDET 1989). Regenwurmkot sieht aus wie Erde (s. Abb.1) und ist deutlich nährstoffreicher, feuchter und weniger sauer als normaler Boden bzw. Ackererde (vgl. Tab.1). Pro Jahr können etwa 40-80 Tonnen Regenwurmkot pro Hektar an der Bodenoberfläche und in den Gängen abgesetzt werden, in tropischen Gebieten sogar bis zu 200 t/ha. „Wären diese Krümel als gleichmäßige Schicht auf dem Erdboden ausgebreitet, so ergäbe sich in Europa jährlich ein Bodenauftrag von 1-5 mm …“, in tropischen Bereichen bis zu 14 mm (DUNGER 1964, S. 80).
Die Durchmischung von Regenwurmkot und Bodenmaterial führt zu stabilen Krümelaggregaten im Boden, welche die Nährstoffversorgung, Nährstoffspeicherung und Lockerung des Bodens fördern. Zusammen mit den Regenwurmgängen verbessern sie die Struktur des Bodenkörpers und die Fruchtbarkeit des Bodens nachhaltig.
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Abb.1: Regenwurmkothäufchen
(Foto: Gesine Hellberg-Rode 12/05)
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Eigenschaften
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Regenwurmkot
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Boden
(0-15 cm)
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Boden
(20-40cm)
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Gesamt-Stickstoff (%)
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0,35
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0,25
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0,081
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Organischer Kohlenstoff (%) |
5,20 |
3,23 |
1,10 |
C-N-Verhältnis |
14,7 |
13,8 |
13,8 |
NO3-N (mg/l) |
22,0 |
4,70 |
1,70 |
P2O5 (mg/l) |
150 |
20,8 |
8,30 |
Austauschbares Ca (mg/l) |
2793 |
1993 |
481 |
Austauschbares Mg (mg/l) |
492 |
162 |
69 |
Gesamt-Ca (%) |
1,20 |
0,88 |
0,91 |
Gesamt-Mg (%) |
0,54 |
0,51 |
0,55 |
Kalium (mg/l) |
358 |
32 |
27 |
pH-Wert |
7,00 |
6,40 |
6,0 |
Feuchtigkeit (%) |
31,4 |
27,4 |
21,1 |
Tab.1: Eigenschaften von Regenwurmkot und Ackererde aus verschiedenen Tiefen
(Quelle: BUCH 1986, S. 41) |
Durch die Verdauung großer Mengen organischen Materials, Bildung von Ton-Humus-Komplexen und stabilen Bodenkrümeln, Förderung der mikrobiellen Aktivität und Strukturverbesserung des Bodens, die mit einer erhöhten Lockerung, Durchmischung, Durchlüftung und Wasserspeicherfähigkeit einher geht, besitzen Regenwürmer eine herausragende bodenbiologische Bedeutung (s. DUNGER 1964, S. 79 ff.). Diese besonderen Fähigkeiten der Regenwürmer werden heutzutage im ökologischen Landbau und bei der gewerblichen wie privaten Kompostierung gezielt genutzt.
● Kompostierung
Kompostierung ist ein uraltes Verfahren zur organischen Düngung in Landwirtschaft und Gartenbau. So wird in Südostasien seit sechstausend Jahren die Bodenfruchtbarkeit bewahrt (s. HANSCHE 1988, S. 58).
Die Kompostierung dient dazu, Pflanzennährstoffe, die in organischen Abfällen aus Land- und Hauswirtschaft enthalten sind, dem Nährstoffkreislauf wieder zuzuführen. Dazu werden die organischen Abfälle auf Komposthaufen, Kompostmieten oder in speziellen Komposttonnen gesammelt und durch Mikroorganismen und Bodentiere abgebaut. Bei der Zersetzung erfolgt eine Umwandlung und Volumenverringerung der organischen Substanz bei Konzentration der Pflanzennährstoffe. Nur bei Stickstoffverbindungen können Verluste auftreten, denen man durch richtige Führung des Rotteprozesses und Beimengen unterschiedlicher Stoffe (z.B. Hornspäne) entgegenwirken kann (vgl. HANSCHE 1988, S. 58/59).
Wenn der „fertige“ Kompost in den Boden eingearbeitet wird, dient er nicht nur als Nährstoffträger bzw. Düngemittel, sondern fördert auch die Lockerung des Bodens und verbessert dessen Wasserspeicherfähigkeit. Auch einige Pflanzenschutzmittel und Giftstoffe können durch Kompostzugabe schneller abgebaut werden.
Da Regenwürmer am Kompostierungsprozess wesentlich beteiligt sind, werden gezielt besonders leistungsfähige Arten, z.B. der Mist- oder Kompostwurm (Eisenia foetida), eingesetzt, um den Rotteverlauf zu beschleunigen. „Als letztes Glied in der Reihe der Kompostorganismen fressen sie die «vorverdauten» Kompostmaterialien zusammen mit mineralischen Substanzen und verarbeiten Sie zu «Regenwurmhumus». Dieser ist feinkrümelig, gut streufähig und nährstoffreich“ (HANSCHE 1988, S. 59). Biologisch-dynamische Anbauverfahren setzen Wurmkompost gezielt zur Förderung der Bodenfruchtbarkeit ein.
Für diese «Wurmkompostierung» werden seit etwa 1930 spezielle Regenwurmarten extra gezüchtet (s. BUCH 1986, S. 33 ff.). Diese Arten – speziell Mist- und Kompostwürmer der Gattung Eisenia – vermehren sich sehr schnell und so stark, dass „… neben dem fertigen Kompost auch eine mehr oder weniger große Wurmmasse vorhanden ist. Durch entsprechende Stammkompostgaben lässt sich die Wurmvermehrung rasch in Gang bringen, so dass die biologische Reife schon nach etwa 4-5 Monaten erreicht ist“ (GRAFF 2003, S. 4). Darüber hinaus gedeihen diese Arten mit einem durchschnittlichen Temperaturvorzugsbereich von etwa 25°C vorzüglich in der Wärme rottender Kompostmieten und –tonnen (weitere Informationen dazu: s. MEINHARDT 1986, S. 55 ff.).
Weitere Informationen:
Literatur
BIERI, M./ CUENDET, G. (1989): Die Regenwürmer - eine wichtige Komponente von Ökosystemen. Schweizerische Landw. Forschung 28 (2), S. 81-96; s. www.regenwurm.de/bieri.htm [Stand: 18.12.2005]
BRAUNS, A. (1968): Praktische Bodenbiologie. Stuttgart: G. Fischer.
BUCH, W. (1986): Der Regenwurm im Garten. Stuttgart : Ulmer.
DUNGER, W. (1964): Tiere im Boden. Wittenberg: Ziemsen.
FÜLLER, H. (1954): Die Regenwürmer. Die Neue Brehm-Bücherei, Heft 140 (Nachdruck). Wittenberg: A. Ziemsen Verlag.
GRAFF, O. (1983): Unsere Regenwürmer: Lexikon für Freunde der Bodenbiologie. Hannover: Schaper.
GRAFF, O. (2003): Regenwürmer - Lumbricidae. Ökoporträt 35 NVH/ BSH, Beilage zu Natur & Kosmos, Heft 3/2003. München. www.bsh-natur.de/downloads/oekoportraet_35_regenwuermer.pdf [Stand: 23.07.03]
HANSCHE, K. (1988): Der Regenwurm: Bedeutung - Vermehrung - Einsatzmöglichkeiten. Graz; Stuttgart: Stocker.
MEINHARDT, U. (1986): Alles über Regenwürmer. Stuttgart: Franckh.
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